Montag, 25. Juli 2011

Axus ICH

Mit den letzten Bildern, die veröffentlicht wurden, schließt sich die vorhandene Serie AXUS ICH. Es erschien sinnvoll, mit dieser Folge zu beginnen, da sie sehr gut das selbstironisch- kritische und doch immer sehr klare Weltbetrachten verdeutlicht.
Gestern sagte jemand in der Ateliergemeinschaft DER BOGEN: "Ich habe Peter zwei Jahre vor seinem Tod kennengelernt und ihn immer verkannt. Erst jetzt bemerke ich langsam nach und nach die Tiefe seiner Persönlichkeit." Das trifft es wohl recht gut.
Je mehr man sich mit seinem Werk beschäftigt, desto tiefer wird die Person, die dahinter steckt. Mit allen Untiefen, mit allen Zuversichten und Ängsten.
Faszinierend ist, dass jeder einen anderen Peter Meilchen kennt.

Mittwoch, 20. Juli 2011

musik-wort-bildende kunst (Notizbuch 14.5.1985)

die bildende Kunst ist immer drittklassig
vor ihr steht: das Wort
vor beiden schwebt: die Musik

Sonntag, 17. Juli 2011

Mehr als weiße Schuhe - ein vielleicht erlogener Mythos

Von einigen wurde er reduziert als der Mann mit den weißen Schuhen. Ein Markenzeichen - entstanden aus einem seltsamen Zufall. Seine Schuhe waren nass gewesen und er hatte ganz schnell für wenig Geld neue gebraucht, irgendwann in den achtziger Jahren. Eine Ausstellungseröffnung stand an. Die Mode für weiße Schuhe war zu Ende, weiße Schuhe lagen wie Blei in den Regalen und niemand wäre auch nur im Entferntesten auf die Idee gekommen so etwas anzurühren. Gute Geschäftsleute erkennen spätestens dann, dass sie schnell einen Ausverkauf machen müssen. In diesem Fall waren die Schuhe in mehreren Schritten von 150 DM auf 10 DM reduziert worden und niemand hatte Interesse gezeigt, musste wohl auch mit der gewaltigen Schuhgröße zusammen hängen. Nur Peter kaufte in diesem Moment. Schon hatte er sein Markenzeichen

29.4.1985 - Notizbucheintrag

im Kopf ist alles aus.

(vielleicht) mit der notwendigen Ergänzung:

Wenn es am Verstand "kleben" bleibt
und nicht ihn überwindet und ins
Herz dringt. Der Verstand schafft
Begriffe, beschreibt sich selbst und
sein Versagen, welches dann "unseres"
ist. Der kluge Kopf schafft keine
Schönheit, allenfalls ihre intellektuelle
Beschreibung. Ein Bild oder Wort
gerät schön, wenn das Herz über
den Verstand triumphiert, wenn wir
die Gewalt über den Vorsatz verlieren,
aber nur dann, wenn sich die
Natur im Herzen behauptet, denn
dann können wir nicht anders, als
wir tun. Dem Verstand sollte nur
dienlich sein, was ihn überwinden
hilft. Es gilt nicht, klug zu werden,
sondern bescheiden. So sollte der
Verstand der Notwendigkeit dienen,
das Tragische unserer Existenz zu überwinden
die Einsicht zur Ansicht erheben.
Versöhnung mit Verlusten - nicht
ständiges Wehklagen. Der Verstand versteinert,
bleibt hilflos und ist ein blasser,
roher Wert, wenn er nur klug ist, dann
dient er nur einer wehleidigen Anklage;
er hebt sich empor und "uns" mit,
wenn er sich mit der Reinheit des Herzens
verbindet, dann schafft er Schönheit,
Integrität und uns eine Ahnung vom
Idealen, das wir notwendigerweise
anzustreben haben.
Im Kopf ist alles aus, wenn es nicht
zum Herzen weiterdringt.
oder anders: im Kopf ist nichts lösbar.
Der Verstand nutzt nur dem Erkennen
seiner Grenzen.

im Kopf das
Bild ein Wort
schattenblind
jeder Ort



das Bild hat ein Wort
                 ist ein Wort
das Wort hat ein Bild
                 ist ein Bild

beides beschreibt das, was wir zu
wissen glauben. und stirbt im
Kopf, wenn es der Verstand in
Begriffe, ihm zugehörende Inhalte
zerlegt.
Auch jeder Ort, gleich wie wir ihn
"umrahmen", ist unentdeckt.
In der Nacht gibt es keine Schatten,
die der Beschreibung unserer Wege
dienen.
In uns ist die Nacht - der Verstand
ist keine Sonne.

Aus der Serie "AXUS - Ich"







Selbstportrait mit Kamera (aus der Serie "Axus - Ich")

Montag, 11. Juli 2011

Lebenszeit als Belichtungszeit I.


"Photograf zu sein, heißt nicht nur hinzusehen, sondern auch dem Blick des Anderen standzuhalten." (Chris Marker)

Eine furiose Analyse eines Bildes des spanischen Malers Diego Velázquez diente Michel Foucault dazu, dem Westen die Krise der Repräsentation zu erklären wie einen Krieg. Foucaults Fragen gibt der 13.12.1948 in Linz am Rhein geborene, und 27.10.2008 in Arnsberg gestorbene, Peter Meilchen zurück an die Kunst: Was ist eigentlich zu sehen?

Wer als Betrachter auf eine einfache Antwort hofft, wird vor Meilchens Arbeiten kapitulieren müssen. In der Perpetuierung des Veränderlichen ist die Zeitlichkeit beschlossen – und mit ihr natürlich die Vergänglichkeit, das Abschnurren der Zeit, wie es in Meilchens Werk vorgeführt wird.

„Was kann ein fotografisches Abbild leisten? Wie viel Innenleben kann es nach außen kehren?“ Solchen Fragen hat sich Peter Meilchen Zeit seines Lebens gestellt. Das Photo hört auf, die Wahrhaftigkeit des Dargestellten zu behaupten. Es ist kein Beweis mehr. Es geht um das Bild, nicht um die Wirklichkeit. So sind bei seinen Arbeiten eigenartige Verschiebungen entstanden, die doch aber auch eine gewisse Faszination auslösen. Diesen Effekt hat Roland Barthes mit dem “punctum” für das Betrachten von Photografien beschrieben: Der Reiz liegt oft in den unbeabsichtigten Nebensachen, einem Blick, einem Detail, das nicht ins Bild paßt und gerade deshalb besticht. „Was die Natur der Photographie begründet«, schreibt Roland Barthes in »Die helle Kammer«, „ist die Pose. Dabei ist die reale Dauer dieser Pose nicht von Belang; selbst während einer Millionstel Sekunde hat es immer noch eine Pose gegeben.“ Im Wissen um die Pose versucht der Peter Meilchen erst gar nicht, Inszeniertes zu kaschieren.

Peter Meilchen läßt sich Zeit, um er von der Zeit eingeholt zu werden, indem er sich dem reinen Schauen hingibt. Sein Geheimnis bleibt es, wie er aus der gelassenen Betrachtung Funken hervorzaubert, wie aus Beiläufigkeit Farben entstehen. Es ist schwer zu sagen, was die Bilder von Peter Meilchen zu Resonanzräumen macht; ihr Echo hallt lange nach. Gleichzeitig haben die Aufnahmen eine Präsenz, deren unmittelbarer Appell wie ein Zauberstab wirkt. Seine Photografie stellt nicht nur die Frage der Ähnlichkeit, sondern auch die nach der Identität. Diese Identität mit dem abgebildeten Objekt ist, wie schon Roland Barthes festgestellt hat, eine Fiktion: „Eine Photografie ähnelt immer nur einer anderen Photografie“, schrieb er in dem Essay »Die helle Kammer«. Das trifft auf die Bilder von Peter Meilchen zu, dessen betonte Gleichartigkeit nicht der Einfallsarmut, sondern der Konzentration auf ein Thema entspringt, in besonderem Maße zu. Er inszeniert lokale Eskalationen, von der Umgebung unbeachtete kreatürliche Exzesse, Momente des Kontrollverlusts und der energischen Entfaltung, in denen sich das Archaische inmitten urbaner Architekturen gegen jeden Ordnungswillen Bahn bricht. Einer Gesellschaft, die widerstandslos auf den Fortschritt einschwenkt, so diagnostiziert der Künstler, machen das kulturelle Unbewusste, die verdrängte Naturzugehörigkeit, der Körper, ein Wachstums– und Entfaltungswille den verdienten Strich durch die Rechnung. Die Bilder von Peter Meilchen zwingen die Welt in den Paarlauf, unversöhnlich und untrennbar in eins. So sind all die Zwillinge oder Doppelgänger nur eine Übertreibung des Wunsches, auf Erden nicht ganz alleine zu sein.
                                                        TV-Still (aus der Serie "Axus - Ich")
Erster Teil des Nachrufes von Matthias Hagedorn

Donnerstag, 7. Juli 2011

PM (Notizbuch 1985 -95) Teil I

empfangen 5.2.85  - 16.30

ab jetzt
kunst für

Heute 20 Kunst gemacht
Oh Zarathustra


Peter Meilchen
1,92
blinddarmnarbe
Künstler
in 
Teutschland
12.2.1985
Ich bin der ich bin
Ich bin der
     bin der ich
           der ich bin
                  ich bin
Ich                   bin
________________________

Ich denke also
                      was ist los?


Was ist wenn alles anders ist?
Ist alles anders wenn ist was?
14.2.1985

Konzept für "Lesbarkeiten"
Die Wacht der Morde
31 Verdichtungen
- ein Beitrag für unausgewogenheit - 

die Versiegelung der teutschen Heiterkeit
die Konservierung der teutschen
Heiterkeit
- ein Beitrag zur Unausgewogenheit - 

Bilder meiner Einstellung
 - Gesichte und Verrichtungen - 




 
fortuna banal
fortuna fatal









im Kopf ist alles aus. *-->
23.4.1985
Heute Arbeit `Gesichte und Textilien´
"vollendet".
Aber was heißt das schon. Bereits ist
die Distanz da. Mir fehlt das staunen
vor der eigenen Arbeit. Hat der Kopf
sie schon "behandelt" oder sie nie
angenommen?
Wieviel Tage Arbeit - für eine weitere
Frage.




29.4.1985

(vielleicht) mit der notwendigen Ergänzung: